Klima und Biodiversität

Abschluss der Vortragsreihe zur Klimakrise

Prof. Bernhard Misof, Direktor des Leibniz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels und zugleich Chef des Museums Koenig Bonn, beendete mit seinem Referat über den Zusammenhang von Biodiversität und Klimakrise die vierteilige Reihe von Fachvorträgen renommierter Wissenschaftler am Schloss Hagerhof. Zielpublikum war wieder die Jahrgangsstufe 11, die diese Themen auch von schulischer Seite aus behandeln, aber weitere Zuschauer:innen waren willkommen.

Zunächst gab Prof. Misof einen kurzen Überblick über Fakten zum CO2-Footprint. Er stellte dabei klar heraus, dass zwar alle Menschen zum Klimawandel beitragen, die reicheren 10%, also z. B. wir hier in Deutschland, einen Anteil von über 50% der Emissionen verschulden. Es kann also keine Rede davon sein, dass Deutschland mit seinen 1% der Weltbevölkerung keinerlei Rolle hinsichtlich der Verantwortung oder Relevanz bezüglich des Klima- und auch Biodiversitätsschutzes hätten. Die Konsequenzen, die schon aktuell weltweit zu sehen sind, beträfen nicht so sehr die Temperaturerhöhung, sondern die dramatische Zunahme der Extremwetterereignisse.

An eindrucksvollen Daten machte er fest, dass wir uns jetzt in einer Zeit der ‚großen Beschleunigung‘ befinden: Nicht nur CO2- und Methangehalt in der Atmosphäre, sondern auch z.B. die Versauerung der Ozeane, der Rückgang der Wälder und des nutzbaren Landes haben sich exponentiell beschleunigt. Verbunden damit sei ein dramatischer Rückgang der Biodiversität, also der Vielfalt der Arten, der Ökosysteme und auch der reinen Masse der Biosphäre.

Auf der anderen Seite belegen die Zahlen von mehreren hundert Dollar pro Hektar an Nutzen die hohe Abhängigkeit des Menschen z.B. von der Bestäubungsleistung der Insekten. Entnimmt man einem Supermarkt alle Waren, die auf die Bestäubung angewiesen sind, wäre er zu 2/3 leer!

Interessanterweise haben Maßnahmen zum Klimaschutz zu einem Drittel negative Auswirkungen auf die Biodiversität, während umgekehrt nur 9% der Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität nachteilig für den Klimaschutz sind.

Diese Aufgaben müssen wir demzufolge dringend angehen:

  • Wirksamer Schutz der Natur,
  • Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme, z.B. der Moore,
  • Besseres Management unserer Kulturlandschaften,
  • Entwicklung von gemeinsamen gesellschaftlichen Visionen.

Vor allem unsere Ernährungsweise mit hohem Fleischkonsum führt laut Prof. Misof zur Belastung der Artenvielfalt, allem voran die Erzeugung von Rindfleisch. Deutschland benötigt zur Produktion seiner Fleischmengen deutlich mehr Agrarland als seiner Fläche entspricht.

Eine pflanzliche Ernährung dagegen trägt aus vielerlei Gründen zum Erhalt der Biodiversität bei.

  • Tierische Produkte erfordern große landwirtschaftliche Flächen für die Futtermittelproduktion. Rund 77 % der globalen Agrarflächen werden für die Tierhaltung genutzt. Eine pflanzliche Ernährung dagegen benötigt deutlich weniger Land, wodurch Wälder, Graslandschaften und Feuchtgebiete erhalten bleiben – Lebensräume für unzählige Arten.
  • Monokulturen für Tierfutter (wie Soja und Mais) erschöpfen Böden und gefährden Mikroorganismen, die für gesunde Erde wichtig sind. Vielfältige pflanzliche Landwirtschaft kann die Bodenfruchtbarkeit langfristig erhalten und fördert zudem Blütenpflanzen, die für Bestäuber lebensnotwendig sind.
  • Auch das Leben im Wasser ist von der Fleischproduktion betroffen: Die Intensivtierhaltung führt zu hoher Nitratbelastung durch Düngemittel und Gülle, die Flüsse und Seen belasten. Der Anbau von pflanzlichen Lebensmitteln verursacht weniger Schadstoffe und schützt damit Wasserlebewesen und fragile Ökosysteme.
  • Abgesehen von den unmittelbaren Folgen auf die Biodiversität trägt die Viehwirtschaft zur globalen Erwärmung bei; sie ist für etwa 15 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der Klimawandel ist eine der Hauptursachen für den Verlust von Artenvielfalt.

Doch Prof. Misof sieht auch Zeichen der Hoffnung, und die liegen seiner Ansicht nach in der jungen Generation: Die Anzahl derer, die mehr oder weniger auf pflanzliche Ernährungsweise umstellen, sei in jüngster Zeit gerade in dieser Altersgruppe stark gestiegen – und damit auch der positive Einfluss auf die Biodiversität! Hinzu kommt der doppelte Nutzen durch eine gesündere Ernährung.

Einige Schüler:innen wandten ein, sie bräuchten als Athlet:innen eine ausgewogene Ernährung. Hier konnte Bernhard Misof aus eigener Erfahrung sprechen, er habe als Leistungssportler mit einer pflanzlichen Ernährung keine Einbußen in seiner Leistungsfähigkeit gehabt. Im Gegenteil, in den letzten Jahren entscheiden sich immer mehr Profiathleten aus verschiedenen Sportarten für eine vegane Lebensweise und berichten von leistungssteigernden Wirkungen der Umstellung auf eine pflanzenbasierte Ernährung.

Als Fazit fasst Prof. Misof zusammen: „Biodiversität ist Grundlage unserer Existenz, unserer Gesundheit und unserer Ökonomie!“ Das Feedback der Schüler:innen auf die Ausführungen war durchweg positiv, die Jugendlichen gaben an, viele interessante Zusammenhänge auch für ihr tägliches Leben gelernt zu haben. Auch die offene und authentische Art des Vortragenden wurde herausgestellt.

Text: Dr. Dirk Krämer / Martina Rohfleisch