Erfahrungen mit den Social Services – Schüler:innen berichten
Tue Gutes und rede darüber! Unsere Social Services, seit vielen Jahren Pflichtprogramm für die Oberstufenschüler:innen auf Schloss Hagerhof, soll Schule machen. Wir wollen eine gute Idee in die Welt tragen. Deshalb haben wir mit einer Reihe von Schüler:innen Interviews geführt, in denen sie von ihrem Einsatz berichten und uns an ihren Gedanken, Gefühlen und persönlichen Entwicklung teilhaben lassen. Wir wollten wissen, wie sich ihr Engagement auf ihre Persönlichkeit ausgewirkt hat und welche Herausforderungen sie überwinden mussten.
Unsere besonders engagierte Schülerin Laura Schelo, die letztes Jahr ihr Abitur am Hagerhof absolvierte, hat in ihrer Oberstufenlaufbahn weit über 400 Social Services Stunden geleistet.
Laura: „Schon als Kind war ich immer in den Ferienfreizeiten und schon damals habe ich den Betreuer:innen angekündigt, dass ich, wenn ich mal groß bin, auf jeden Fall auch als Betreuer:in dabei sein möchte. Größtenteils habe ich also meine Stunden in der Ferienbetreuung an verschiedenen Orten abgeleistet. Als die Flut Ahrweiler getroffen hat, habe ich mich bereit erklärt, Essen für einen Foodtruck auszuteilen.
Neben der Freizeitbetreuung und Ahrweiler habe ich bei einer Schäferin gearbeitet. Das ist das Gute (an den Social Services): Viele finden sich in unterschiedlichen Bereichen wieder, weil die Social Services nicht vorgeben, wo du (bürgerschaftlich) arbeiten musst. Man testet seine Grenzen und lernt, auf Menschen zuzugehen. Für einige allerdings ist es mental fast nicht stemmbar, die haben aber die Möglichkeit im eigenen Bereich zu bleiben. Nicht alle können einfach so mit Menschen umgehen. Für mich war diese Vielfalt der Social Services-Bereiche gut.
In der Kinderbetreuung haben sich die Kinder, aber auch die anderen Mitarbeiter:innen soooo gefreut, wenn sie mich wiedergesehen haben. Die Wertschätzung ist wahnsinnig wichtig und tut gut! In Ahrweiler waren die Menschen einfach nur dankbar. Dankbar für jedes Lächeln, für die Hilfe und das man am nächsten Tag wiederkam. Aber es gab natürlich auch unangenehme Situationen. Das Schlimmste daran [im Ahrtal] war, dass wir neben einem Friedhof mit dem Truck standen. Die Gräber waren unterspült worden und der Verwesungsgeruch waberte den ganzen Tag um uns herum. … Die Leute hatten teilweise mehr als 13 Stunden nichts gegessen – wir verteilten riesige Portionen. Das zu organisieren war echt cool. Für negative Erfahrungen hat man sich Strategien überlegt. Ich habe immer versucht, das Positive zu sehen und das Negative für den Zeitpunkt auszublenden. Das habe ich dann später mit der Familie besprochen.“
Annika, Cedric und Nora haben ebenfalls die Social Service Stunden für soziale Dienste genutzt. Annika hat in Linz bei einem Krankenpflegedienst gearbeitet, Cedric Schmerzpatienten in einem Linzer Krankenhaus betreut und Nora war in der Kinderbetreuung tätig und ebenfalls als Helferin an der Ahr.
Annika: „Wir haben Essen ausgeliefert, haben Menschen mit Demenz betreut, Gedächtnistraining gemacht, aber auch mit den Leuten Kuchen gegessen und ihnen einfach nur Gesellschaft geleistet. Meine wertvollste Erfahrung ist, dass man auch im Alter die Menschen noch wertschätzen kann. Ich habe gemerkt, dass, wenn man anderen etwas Gutes tut, viel mehr zurückbekommt. Die Social Services haben mich gelehrt, gemeinschaftlich zu arbeiten. Manchmal war es auch emotional sehr ergreifend. Die Frage stellte sich, wie ich mit Situationen umgehe, die ich zu Hause überhaupt nicht kenne.“
Cedric: „Ich habe Schmerzpatienten betreut, wir haben zusammen gegessen und ich habe Übungen mit ihnen gemacht. Über ein Praktikum bin ich in diesen Bereich gerutscht. Ich kann gut mit alten Menschen arbeiten. Oft haben mich die Geschichten sehr berührt. Aber ich habe Menschen kennengelernt, die trotz ihres Schicksals noch lächeln konnten.“
Nora: „Ich arbeite super gerne mit Kindern. Sie geben ein schönes Feedback und das Miteinander ist sehr schön. Jede Herausforderung hat sich gelohnt. Am Ende des Tages habe ich die Kinder vermisst.
Im Ahrtal war es nicht so schön. Viele waren traumatisiert. Toll war allerdings, wie alle zusammenhielten.
Für mich sind die Social Services sehr gut, weil es auch keinen Zivildienst mehr gibt. Ich wollte der Gesellschaft etwas zurückgeben. Man ist zu viel mehr fähig, als man vorher denkt!“
Merle und Paul gehen einen zunächst ungewöhnlich anmutenden Weg bei den Social Services: Sie engagieren sich in einem Junggesellen-Verein in Orsberg. Was sich zunächst nach Vergnügen anhört, ist durchaus soziales Engagement für die Gesellschaft. Der Verein richtet traditionelle Feste und Kirmesveranstaltungen aus, oft wird für bestimmte Projekte im Ort gesammelt, die Wanderwege werden gepflegt und man organisiert Aktionen für ältere Mitbürger.
Paul: „Das Gemeinschaftsgefühl ist während der Corona-Zeit verloren gegangen.“
Merle: „Das Dorf glücklich machen, ist die Herausforderung. Wir machen das ja nicht für uns. Unangenehm war nach Corona das Einsammeln von Spenden. Viele machen nicht mehr auf. Das ist komisch. Aber ich bin sozialer geworden und habe mehr Verantwortung übernommen.“
Unser Fazit: Einfach machen! Sich Sachen raussuchen, die man nicht kennt – das ist die größte Herausforderung. Aber es bringt einen persönlich auch weiter. Man kommt aus sich heraus und lernt auf andere zuzugehen.
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Und hier ist der Hagerhof auf der NRW-Website vertreten: Engagiert in NRW