Hagerhof-Alumna Mareike Miller im Porträt
Mareike ist Leistungsträgerin der deutschen Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft der Frauen und ehemalige Schülerin des Hagerhofs. Seit sie sich erinnert, ist Sport ihre große Leidenschaft. Meistens musste ein Ball dabei sein: Lacrosse, Tennis, Fußball, Handball – egal. Hauptsache mit Ball. Aber die Sportart mit dem hohen Korb ist ihre sportliche Heimat: „Mein großer Bruder war in einer Mannschaft. Das wollte ich auch.“ Für sie ist es die ideale Verbindung von Teamgeist, Taktik und Athletik. Bereits in jungen Jahren entschied sie sich, den Sport nicht nur als Hobby zu verfolgen. Sie wollte mehr. Mehr Herausforderungen.
An ihrer Essener Schule ging der Plan nicht auf. Keine Mannschaft, in der richtigen Altersklasse, zu lange Wege zu Mannschaften in anderen Städten. Da erinnerte man sich an das Basketballcamp aus dem vergangenen Jahr „in der Nähe“ des elterlichen Wohnsitzes. 2002 hatte Mareike Miller, damals noch Adermann, in den Ferien hier am Hagerhof ihren Lieblingssport intensiv trainiert. Also wechselte sie ein Jahr später zum Hagerhof-Internat und tat das, was sie machen wollte: morgens und abends trainieren – zwischendurch lernen. „Die perfekte Symbiose von Leistungssport und Lernstoff, weil es einfach zeitlich gut zu managen war“, erinnert sich die 32-Jährige. 2009, ihrem Abi-Abschlussjahr am Hagerhof, gewinnt sie als Co-Trainerin mit der Mädchenmannschaft unter Coach Martin Otto den Bundeswettbewerb Jugend trainiert für Olympia und Paralympics.
Im gleichen Jahr geht sie in die Vereinigten Staaten, studiert dort Betriebswirtschaft und spielt in den USA für die UWW Warhawks. Damals bereits im Rollstuhl. Denn durch mehrere mittlerweile irreparablen Knieschäden und diverse Verletzungen, galt sie als Sportinvalidin. Angewiesen ist Miller auf den fahrbaren Untersatz im Alltag allerdings nicht. Das sorgt manchmal für Verwirrung. Aber in einer der inklusivsten Sportarten der Welt, in der ganz viele unterschiedliche Einschränkungen der Sportler:innen in einem Team zusammenkommen können, ist es normal, dass manche:r aufstehen kann und manche:r sich eben umsetzt in seinen Alltagsrollstuhl.
Die sichere Bewegung in den maßangefertigten Sport-Rollstühlen ist dabei fast eine eigene Disziplin. Bis zu zwei Jahre dauert es, bis man sich im Rollstuhl perfekt koordinieren, blitzschnell drehen und dabei noch den Ball fangen, prellen und werfen kann. Als Gesamtaktivensprecherin im Deutschen Behinderten Sportverband (DBS) weiß sie: „Eines der größten Vergnügen im Leben ist es, Dinge zu tun, von denen andere sagen, dass man sie nicht tun kann.“
In Hamburg hat die Spielerin inzwischen ihren beruflichen, privaten und sportlichen Mittelpunkt gefunden. Seit 2017 ist sie für den Bundesliga-Klub BG Baskets Hamburg im Einsatz und für eine Tochter der Deutschen Presseagentur als PR-Beraterin tätig. Beides unter einen Hut zu bringen, ist eine Gratwanderung, erfordert viel Disziplin und Eigeninitiative. Denn leben lässt sich von der Leidenschaft nicht. Auch, wenn Auszeichnungen, Medaillen und Pokale eine ganze Wand zieren: Europameisterin, Vize-Weltmeisterin, Silber und Gold bei den Paralympics. (Dort hat sie in Tokio sogar mit Radprofi Michael Teuber die deutsche Fahne bei der Eröffnungsfeier getragen.) Neben dem Vollzeitjob trainiert Miller viermal in der Woche mit den BG Baskets, hinzu kommen Krafttraining, Spiele und Trainingslager. Wenig Zeit für anderes. Trotzdem ist sie dankbar: „Rollstuhlbasketball hat mir die unglaubliche Möglichkeit gegeben, unglaubliche Menschen auf der ganzen Welt zu treffen.“
Ihre Zeit auf Schloss Hagerhof bezeichnet die gebürtige Hessin als „meine wichtigsten Schuljahre, die der Grundstein für alles andere, was danach kam, waren. Eine gute Zeit zwischen Schule und Basketball.“
Text: Claudia Hennerkes, Fotos: Schloss Hagerhof, Steffie Wunderl/DBS