Jonathan Grunwald: „Demokratie ist kein Zuschauersport“

Diskussion mit dem Landtagsabgeordneten Jonathan Grunwald

Erst vor kurzem feierte der Landtagsabgeordnete Jonathan Grunwald mit uns die Eröffnung des neuen Oberstufenzentrums, nun besuchte er gern wieder diesen „Zukunftsort“. Zum „Tag der Freien Schulen“ war er bereit, mit unseren Oberstufenschüler:innen über das Thema Demokratie zu sprechen. Dankend nahmen der stellvertretender Schulleiter Matthias Sieber und unsere GeschichtslehrerInnen Theresia Jägers, Dimitri Miron und Niklas Hendricks diese Gelegenheit wahr. So beteiligten sich die Geschichtskurse der Q1 und auch die jüngere FREI DAY Homebase „Geschichte und Demokratie“ (Klassen 8/9) von Niklas Hendricks und Martina Rohfleisch an einer lebhaften Diskussion mit dem Politiker.

Da noch nicht alle Schüler:innen den Landtagsabgeordneten persönlich kannten, stellte er sich kurz und knapp vor: Mit 16 Jahren Eintritt in die Junge Union, nach Abitur (in Bad Honnef) und Wehrdienst studierte er Volkswirtschaftslehre in Bonn und Wichita (USA) und gründete ein Unternehmen im Veranstaltungsmanagement. Seit 20 Jahren ist er Politiker, zunächst ehrenamtlich, seit 3,5 Jahren als Landtagsabgeordneter für den Rhein-Sieg-Kreis II.

Seine ersten Fragen können die Jugendlichen souverän beantworten: Was ist eine Demokratie? Welche Merkmale und Formen kennt ihr? Kein Wunder, die Q1 beschäftigt sich in Geschichte gerade mit der Bildung der Demokratie in Deutschland. Doch bald geht es auch um differenziertere Fragen, Thesen und Meinungsbilder: Die Demokratie steht unter Druck – wieso? Warum wählen so viele Jungwähler „extrem“, 25 % die Linken, 21 % AfD? Wie erklärt ihr euch den Erfolg der AfD? Glaubt ihr, dass die AfD Interesse daran hat, Probleme zu lösen? Was haltet ihr zum Beispiel von Elon Musk? Welche Bedeutung hat die Weltsituation (z. B. Trump) für euch?

Die Antworten sind vielfältig. Den Jugendlichen ist bewusst, dass sie sich in einer Zeit befinden, in der sich Werte und Gesellschaftsbilder ändern, z. B. die Bedeutung der sexuellen Selbstbestimmung. Sophia und Luca fassen zusammen, dass Transformation viele Menschen persönlich unzufrieden macht und verunsichert. Extreme machen sich diese Polarisierung zunutze und geben simple Antworten auf komplexe Fragen.

Helene ist alarmiert durch die politische Situation in Deutschland. Sie betont: „Unsere Aufgabe ist es, die Demokratie aufrechtzuerhalten. Die Situation in den USA zeigt, wie erschreckend schnell die Demokratie wegfällt. Welche Freiheiten bleiben uns noch? Man nimmt sich die eigene Zukunftsperspektive, wenn man rechtsextrem (AfD) wählt, allein schon wegen des traditionellen Frauenbilds.“

Die Bedeutung von Social Media, die Stärkung Deutschlands als Wirtschaftsmacht und Migration waren weitere Themen, bei denen sich die jungen Menschen rege einbrachten. Dabei stellte sich der Politiker auch kritischen Fragen aus dem Plenum: „Was halten Sie von der Stadtbild-Äußerung des Bundeskanzlers Friedrich Merz?“ „Warum wird Gewalt mit dem Merkmal Migrant verknüpft? Genauso gut kann sie mit dem Merkmal Männlichkeit verknüpft werden, immerhin sind 89% der Gewalttäter Männer.“ „Das Weltwirtschaftsforum benennt jedes Jahr die größten globalen Risiken. Seit Jahren stehen Klimakrise und Artensterben an der Spitze dieser Auflistung. Was sollte eine Regierung Ihrer Meinung nach tun, um Klimakrise und Artensterben zu bekämpfen?“

Über nicht alle Themen herrscht Konsens im Raum, aber genau darum geht es ja: Meinungsvielfalt.

Bei der letzte Frage ans Plenum – „Was könnt ihr tun, um Demokratie zu stärken?“ – ist man sich wieder schnell einig: „Wählen gehen.“ „Sich engagieren, auch in Parteijugendorganisationen.“ „Sich informieren. Dabei ist es wichtig, sich selbst zu beobachten und zu fragen: Wurde ich aufgehetzt durch Social Media oder andere Marketing-Aktionen? Man sollte auf jeden Fall die Parteiprogramme lesen und hinterfragen.“ „Zu diskutieren und dann faktenbasiert zu entscheiden.“

„Mich beeindruckt, wie informiert und meinungsstark die jungen Menschen heute über Politik sprechen“, sagte Jonathan Grunwald im Anschluss. Wir danken ihm für seinen Besuch und allen Beteiligten für diese lebendige Debatte, die zeigt: Meinungsvielfalt macht resilient gegen undemokratische Kräfte.

Text: Martina Rohfleisch / Ben Reitz, Kl. 10
Fotos: Oliver März